Etwas nur positiv sehen; allzu optimistisch sein; etwas verklären oder idealisieren; naiv sein; die Realität nicht sehen wollen.
Man ist frisch verliebt und möchte vor lauter Glück die ganze Welt umarmen. Und schon trägt man sie auf der Nase: die redensartliche rosarote Brille. Die Welt im Kleinen wie im Großen erscheint in zauberhaftem Licht. Endlich hat der Topf einen Deckel gefunden – oder umgekehrt.
Der neue Partner oder die neue Partnerin passen perfekt. Man entdeckt nur gute Seiten an ihm oder ihr. Schwächen hat der neue Lieblingsmensch so gut wie keine. Entdeckt man dann doch die eine oder andere, so macht ihn das nur noch liebenswerter. Bei alldem hilft die rosarote Brille. Überhaupt fühlt man sich im Ausnahmezustand. Alltagsprobleme, Stress bei der Arbeit, Ärger mit dem Vermieter – man schwebt auf rosaroten Wolken einfach darüber hinweg.
Was ist da los? Der Zustand des Verliebtseins ist inzwischen gründlich erforscht. Alle möglichen Hormone im Körper spielen verrückt. Frau oder Mann fühlt sich abwechselnd wie unter Drogen und wie auf Entzug. Also überlässt man sich diesem Zustand. Jeder weiß, oder ahnt zumindest, dass er vorübergehen wird. Nach einigen Wochen oder Monaten verliert die rosarote Brille der Verliebtheit an Kraft. Nach und nach gewinnt man wieder einen ungefärbten Blick auf die Realität. Schade eigentlich. Aber irgendwie auch beruhigend, wenn der Verstand zurück ins Boot geholt wird.
Gefährlicher wird es, wenn man die rosarote Brille ohne die zugehörigen Schmetterlinge im Bauch trägt. Dann bedeutet die Redewendung, dass man die Wirklichkeit nicht sieht, wie sie ist. Man spielt möglicherweise Fehler oder Schwächen eines Projekts herunter. Oder man überschätzt die positiven Seiten von etwas und unterschätzt die negativen. In Wirtschaft, Politik oder Sport zum Beispiel ist vor rosaroten Brillen unbedingt zu warnen.
Nostalgische Menschen sehen die Vergangenheit oft durch die rosarote Brille, teilen ihre Erinnerung immer wieder mit ihren Mitmenschen.
Wenn das Gehirn schlechte Nachrichten ausblendet, haben wir ständig rosarote Brillen auf.
Die Schmetterlinge schlagen mit den Flügeln und die rosarote Brille der Verliebtheit sorgt dafür, dass der Partner in engelsgleichem Licht erscheint.
In den achtziger Jahren betrachteten viele Amerikaner China »durch die rosarote Brille und glaubten, es würde sich in eine Gesellschaft westlichen Stils transformieren«, kommentiert Professor Huang.
Normalerweise wollen Politiker die Welt nicht durch eine rosarote Brille betrachten, sie möchten, dass die Welt wirklich rosarot ist.
Doch Völler sagte, dass man auch nach dem Sieg nicht alles durch die rosarote Brille sehen dürfe.
Sein hochbezahlter Job in der Wall Street zwingt ihn nachgerade dazu, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen, zumindest die Welt der Wirtschaft, der Börse, der Kurse.