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Schwein haben

(Unverdient) Glück haben.

Erläuterungen

Ursprünglich bedeutete die Redensart, unverhofft Glück zu haben, ohne es eigentlich zu verdienen. Zu ihrer Herkunft und eigentlichen Bedeutung gibt es mehrere Theorien.

Schwein gehabt beim Kartenspiel

In vielen Gegenden entspricht das Ass im französischen Blatt der Daus im deutschen. Auf dem Karo Ass, der Schellen-Daus, war ein Schwein abgebildet. Alle Asse wurden deshalb früher einfach »Sau« genannt. In Teilen Süddeutschlands hat sich das zum Beispiel beim »Schafskopf« erhalten.

Ein schöner Beleg findet sich schon im 17. Jahrhundert bei dem Prediger Abraham a Sancta Clara (1644–1709): »So seynd ja in der Karten 4 Säu (Eichel-Sau, Schellen-Sau, Herz-Sau und Laub-Sau), und weilen die Säu mehr gelten, als die König, so ist ja dieses ein säuisch Spiel«, eifert er gegen das im Volk beliebte Kartenspielen. (Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm, Band 2, Passau: Friedrich Winkler, 1834–1836.)

In vielen Kartenspielen ist das Ass die Karte mit dem höchsten Wert. Wer diese Karte zieht, hat richtig Glück – oder eben Schwein. Das klingt nach einer schlüssigen Deutung der Redensart. Steigern lässt sich das Glück noch durch ein Trumpfass: der wertvollsten Karte in der angesagten Farbe.

Ein Schwein für den Besiegten

Der Ursprung der Redensart könnte auch in den mittelalterlichen Wettspielen und einem Brauch bei den alten Schützenfesten liegen. Dabei gab es mitunter wertvolle Preise zu gewinnen. Am Anfang waren das überwiegend Tiere. Später wurden daraus Schmuck und Geld. Laut Röhrich heißt es von einem Rennen in München im Jahr 1448: »Das vordist pferdt gewan ain Scharlach-Tuch, das ander darnach ain Sperber mit seiner Zuegehörung, das drit ain armbst (Armbrust),vnnd das lest (letzte) pferdt ain Saw.«

Neben den Siegern wurden auch die letzten und schlechtesten Teilnehmer »ausgezeichnet«. Dieser Trostpreis war meistens ein Schwein oder ein Ferkel. Nach einem Wettkampf ein Schwein nach Hause zu tragen, war der Beweis einer Niederlage. Sie konnte Spott und Häme nach sich ziehen. »Na, du hast wohl Schwein gehabt?« wurde der Verlierer dann vielleicht begrüßt. Jeder wusste, dass man als Langsamster im Rennen oder als schlechtester Schütze eigentlich keinen Preis verdient hatte. Man hatte also unverdient Glück gehabt. Denn ein Schwein hatte zu jeder Zeit seinen Wert.

In seinem Werk »Das Narrenschiff« schilderte Sebastian Brant 1494 die Situation eines erfolglosen Schützen: »Wer schießen will und fält des rein / der dreit die suw im ermel heim«. Der Letztplatzierte versuchte hier wohl, den für ihn peinlichen Ausgang der Wettkämpfe zu verbergen. Dazu versteckte er das Ferkel oder die Sau in den Ärmeln seines weiten Gewands. Auch in der Zimmerischen Chronik aus der Mitte des 16. Jahrhunderts taucht das Schwein als Zeichen der Niederlage auf.

Noch heute wird die Wendung eher von der Vorstellung begleitet, jemand habe »noch mal Glück gehabt«. Derjenige ist gut davongekommen, viel besser als verdient.

Das Schwein als Nahrungsquelle

Der Vollständigkeit halber soll die folgende Erklärung erwähnt werden. Sie erscheint naheliegend – und ist möglicherweise zu naheliegend. Zu allen Zeiten stellte ein Schwein einen wertvollen Besitz dar. Es spielte eine wichtige Rolle bei der Ernährung nicht nur der ländlichen Bevölkerung.

Das Tier lässt sich ohne hohe Kosten mästen. In der Regel begnügt es sich mit Küchenabfällen. Nach dem Schlachten konnten Speck, Schmalz und Schinken eine große Familie gut durch den Winter bringen. Das Schwein steht demnach für Wohlstand und Zufriedenheit. Auch auf diesem Weg kann man zu dem Schluss gelangen: Wer Schwein hat, hat Glück!

Last but not least: Aus Schwein und Glück wird »Schweineglück«. Dieser »neidische Ausdruck für unverdientes Glück« findet sich in der Sammlung von Wander.

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Freiburg u. a.: Herder 2003.
  • Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Beispiele und Zitate

  • Wir haben echt Schwein gehabt. Kaum waren wir durch die Haustür, ging das Gewitter los.

  • Wer so viel Schwein hat wie der HSV in dieser Rückrunde, kann nicht absteigen.

    Die Zeit, 09.05.2015, Nr. 19
  • Leute wie Wiehler gehören eher zur »Generation Schwein gehabt«.

    Die Zeit, 20.05.2010, Nr. 21
  • Das war eine Notlüge. Es ist zum Glück nicht herausgekommen, noch mal Schwein gehabt.

    Berliner Zeitung, 10.12.2005
  • Und sie hatten noch mal Schwein gehabt, wenn sie bei einer Lotterie ein Ferkel als Trostpreis gewannen.

    Die Zeit, 21.10.2004, Nr. 44
  • Zwar sagt auch er im kleinen Kreis manchmal: »Schwein hab ich gehabt«, aber damit will er nur kokettieren, ähnlich wie einst Helmut Kohl, der nach der Wiedervereinigung gern von »Fortune« sprach.

    Die Zeit, 08.01.2004, Nr. 03
  • Die Redensart: »Der (oder die) hat Schwein gehabt« im Sinne von »Glück gehabt« geht dagegen tatsächlich auf unser Borstenvieh zurück, nämlich auf einen Brauch bei Schützenfesten, dem schlechtesten Schützen als Spottpreis ein Ferkel zu überreichen.

    Walter Krämer u. Wolfgang Sauer: Lexikon der populären Sprachirrtümer, Frankfurt a. M.: Eichborn 2001, S. 116
  • Dass man für erfolgreiche Investitionen an der Börse stets ein wenig Schwein haben muss, ist eine Volksweisheit.

    Die Zeit, 22.02.2001, Nr. 09

Varianten

  • Schwein haben
  • Noch mal Schwein gehabt
  • Schwein gehabt!

Themen und Schlagwörter

Letzte Aktualisierung dieser Seite am 23. März 2021.