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Haare auf den Zähnen haben

Sich mit Worten gut behaupten können; selbstsicher und wehrhaft sein; verbal schroff und aggressiv reagieren; streitlustig und rechthaberisch sein; schwierig im Umgang sein.

Erläuterungen

Der Redensart liegt die Vorstellung zugrunde, dass starke Behaarung ein Ausdruck von echter Männlichkeit sei. Man hat es dann mit einem »haarigen Kerl« zu tun. Interessant ist ein Blick ins Französische: poilu, wörtl. = behaart. Schon vor dem Ersten Weltkrieg bedeutete poilu umgangssprachlich tapfer und willensstark. Im Ersten Weltkrieg wurde der Begriff zur Bezeichnung eines französischen Frontkämpfers.

Körperhaare können demnach als Zeichen von Männlichkeit gelten. Die größtmögliche Steigerung wäre erreicht, wenn sogar dort Haare sind, wo normalerweise keine wachsen, nämlich auf den Zähnen. Die Redewendung übertreibt und ironisiert also. Sie beschreibt Menschen, die wehrhaft auftreten, sich scharfzüngig äußern und selbstsicher behaupten.

Solch ein Verhalten wurde Männern immer schon eher zugestanden als Frauen. Frauen, die das Wort führen, die ihre Meinung entschieden vertreten, fielen auf. Im Job ebenso wie in Partnerschaft und Ehe. Die Redewendung bezog sich also lange vor allem auf weibliche Personen. Sie hat häufig einen ironisch-abwertenden Beigeschmack, mitunter auch einen anerkennenden. Frauen waren die mit den Haaren auf den Zähnen. Männer waren einfach männlich.

In einer älteren Form – und weit vor der Emanzipation der Frauen – hieß es redensartlich »Haare auf der Zunge haben«. Ein Beleg dafür findet sich schon im 16. Jahrhundert. In seinem »Weltbuch« schrieb Sebastian Franck 1534: »Es ist kein pfaff frumb, er hab dann haar auf der zungen.« Noch in Friedrich Schillers Drama »Die Räuber« taucht die Wendung auf. Im 2. Akt, 1. Szene spricht Franz von Moor zu Hermann: »Ich kenne dich, du bist ein entschlossner Kerl – Soldatenherz – Haar auf der Zunge!«.

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Freiburg u. a.: Herder 2003.

Beispiele und Zitate

  • Sie ist eine eindrucksvolle Frau, eine Verbindung aus eleganter Weiblichkeit und unerschrockener Wahrheitssuche, aus spielerischer bella figura und Haare auf den Zähnen.

    Die Zeit, 06.11.2014, Nr. 46
  • Obwohl diese Angst vor weiblicher Vorherrschaft natürlich unbegründet ist: Merkel hat mehr Haare auf den Zähnen als Stoiber am ganzen Körper!

    Berliner Zeitung, 26.03.2004
  • Eine Konservative ist sie, eine mit Haaren auf den Zähnen.

    Der Tagesspiegel, 15.04.2003
  • Auch mit den berüchtigten Machos auf Spaniens Straßen wird Carolina fertig, denn sie ist nicht nur schön und klug, sondern hat auch Haare auf den Zähnen.

    Berliner Zeitung, 15.06.2002
  • Es hat immer Männer gegeben mit Haaren auf den Zähnen.

    Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.
  • Es lebt aber, wie ich an allem merke, dort ein so verwegener Menschenschlag beysammen, daß man mit der Delicatesse nicht weit reicht, sondern daß man Haare auf den Zähnen haben und mitunter etwas grob seyn muß, um sich über Wasser zu halten.“

    Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.
  • Ich kenne dich, du bist ein entschlossner Kerl – Soldatenherz – Haar auf der Zunge!

Übersetzung in andere Sprachen

  • He has a sharp tongue.
    Englisch
  • She has all the answers.
    Englisch
  • Avoir la langue acérée
    Französisch

Varianten

  • Haare auf den Zähnen haben
  • Haare auf der Zunge haben
Letzte Aktualisierung dieser Seite am 26. Februar 2021.