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Blauer Brief

1. Kündigungsschreiben; Versetzung in den Ruhestand.
2. Mitteilung der Schule an die Eltern über die gefährdete Versetzung ihres Kindes.

Herkunft

Seinen Ursprung hat der blaue Brief beim preußischen Militär.

Erläuterungen

Schon der preußische König Friedrich der Große (1712–1786) ließ besondere Anordnungen in Umschlägen aus blauem Papier zustellen. Dies wurde von seinen Nachfolgern beibehalten.

Nach 1870 sollten blaue Briefumschläge innerhalb des Militärs nur für Order an höhere Offizier verwendet werden. Die Briefinhalte betrafen wichtige persönliche Angelegenheiten wie Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen oder Verabschiedungen. Die Umschläge waren aus grobem und festem Papier hergestellt. Vermutlich sollten sie verhindern, dass der Inhalt von außen zu erkennen war.

Im Volksmund hießen sie »Blaue Briefe«. Im Lauf der Zeit wurde der Begriff ein Synonym für Entlassungen aus einem Arbeitsverhältnis. Später ging er in die Schülersprache ein. Ein blauer Brief ist eine Warnung, dass die Versetzung gefährdet ist. Wer »sitzen bleibt«, wird dann ebenfalls entlassen, nämlich aus dem Klassenverband.

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Küpper, Heinz: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache, Band 3, Stuttgart 1982–1984
  • Walter Transfeldt/Otto Quenstedt: Wort und Brauch im deutschen Heer, Hamburg 1976, S. 20
  • Dudenredaktion (Hrsg.): Duden – Redewendungen, Berlin, Bibliograph. Instit. GmbH 2020.

Beispiele und Zitate

  • Ich bin gleich zum Chef rein, als der blaue Brief kam und habe auf meinen Vertrag verwiesen.

    Thor Goote [d.i. Werner von Langsdorff], Die Fahne Hoch!, Berlin: Zeitgeschichte-Verlag 1933, S. 337
  • Überstunden werden oftmals als selbstverständliches Geschäftsinteresse vorausgesetzt, und niemand wagt auf Bezahlung zu drängen aus Angst vor dem »blauen Brief«.

    Die Zeit, 18.06.1953, Nr. 25
  • Wegen der Überkapazitäten ist es durchaus denkbar, daß in den nächsten Jahren noch weitere 100000 Arbeitnehmer ihre blauen Briefe bekommen.

    Die Zeit, 08.03.1991, Nr. 11
  • Die Leistungen sind durch die ständige Selbstbeschränkung der Schule im Durchschnitt nicht besser, die blauen Briefe nicht weniger, die Abitursquoten nicht höher geworden.

    Die Zeit, 14.02.1964, Nr. 07
  • Unser Kind war noch nicht sechs Jahre alt, da flatterte schon der erste blaue Brief der Schule ins Haus.

    Die Zeit, 16.08.1991, Nr. 34
  • Wenn der blaue Brief kommt, jeder Schüler weiß das, dann wird es ernst.

    Die Zeit, 05.12.1997, Nr. 50

Varianten

  • Einen blauen Brief bekommen
  • Angst vor dem blauen Brief haben

Themen und Schlagwörter

Letzte Aktualisierung dieser Seite am 6. Juni 2021.