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Von der Hand in den Mund leben

Arm sein; wenig Geld haben; das, was man einnimmt, sofort wieder ausgeben (müssen).

Erläuterungen

Von der Hand in den Mund zu leben bedeutet, keine Rücklagen bilden zu können. Das, was man hat, reicht gerade für den Augenblick. Es ist nichts übrig, um Vorräte anzulegen oder zu sparen.

Belegt ist die Redensart bereits im 16. Jahrhundert. Da heißt es bei Basilius Sattler von einem verstorbenen evangelischen Pastor: »[…] vnnd hab er kaum auß der hand in den Mund gehabt / ja das noch erger ist hinder sich beuten vnnd borgen müssen / das er sich / sein Weib vnnd seine Kinder ernerete.« (siehe unten)

Knapp 200 Jahre später notierte Goethe als junger Kriegskommissar im Dienst von Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach über die bitterarmen Strumpfwirker in Apolda: »Armer Anfang solcher Leute leben aus der Hand in den Mund […]«. (1779)

Jean Pauls Armenadvokat Siebenkäs gibt 1797 vor, »er habe bloß das liebe Brot, und das wenige, was er erschwitze, gehe von der Hand in den Mund und Magen«. (siehe unten)

Beispiele und Zitate

  • Es sind jene Bürger, die meist nur kurz vor den Wahlen als Stimmvieh aktiviert werden, die armen und benachteiligten, die über keine oder nur wenig Bildung verfügen, von der Hand in den Mund leben und gelernt haben, dass sie vom Staat eigentlich nichts zu erwarten haben.

    Die Zeit, 25.10.2017, Nr. 44
  • Wir als Großfamilie leben ja etwas von der Hand in den Mund; wir können froh sein, wenn es am Ende reicht.

    Die Zeit, 22.01.2015, Nr. 04
  • »Man lebt von der Hand in den Mund, und am Ende des Monats ist das Geld weg«, sagt Katharina Heyden, die an der Uni Göttingen in Theologie habilitiert.

    Die Zeit, 03.01.2013, Nr. 02
  • Ungezählte Solounternehmer leben von der Hand in den Mund.

    Die Zeit, 20.09.2012, Nr. 39
  • Mit jeder Niederlage bringt sich Hertha von neuem in eine solche Situation, weil die Mannschaft keine Rücklagen gebildet hat und von der Hand in den Mund lebt.

    Der Tagesspiegel, 03.02.2003
  • Die Amerikaner leben von der Hand in den Mund. Ein Aufschwung kann also nur ein Aufschwung auf Pump bedeuten.

    Der Tagesspiegel, 22.06.2002
  • Die internationale Mineralölwirtschaft lebe von der Hand in den Mund und habe nur noch für sieben Tage frei verfügbare Reserven.

    Die Zeit, 18.05.1979, Nr. 21
  • Der Arme lebt aus der Hand in den Mund.

    Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.
  • So flößte er ihr gern im Vorbeigehen in Augsburg den Glauben ein, er habe bloß das liebe Brot, und das wenige, was er erschwitze, gehe von der Hand in den Mund und Magen, nur arbeit‘ er wie einer und frage wenig nach einem Großen und Kleinen Rate.

    Jean Paul: Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel, 1797.
  • Denn zugeschweigen / das wol vermutlich / er werde zimlichen Wiederstandt / wie Prediger pflegen / gehabt haben / so gibt die verlesene Histori vns diese nachrichtung / das es jhm so viel die Narung belanget / eben hart vorgestanden / vnnd hab er kaum auß der hand in den Mund gehabt / ja das noch erger ist hinder sich beuten vnnd borgen müssen / das er sich / sein Weib vnnd seine Kinder ernerete.

    Basilius Sattler: Eine Christliche Leichpredigt. Gethan bey der Begrebnis eines Pastoris. Wolfenbüttel, 1597.

Übersetzung in andere Sprachen

  • live from hand to mouth
    Englisch

Varianten

  • Von der Hand in den Mund leben
  • Aus der Hand in den Mund leben
  • Aus der Hand in den Mund haben
Letzte Aktualisierung dieser Seite am 23. März 2021.